Schwangerschaft

Lina, *1980, ET seit 2015

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Vor der Diagnose…

2010 – Geburt eines gesunden Jungen in der 38. SSW mit normgerechtem Geburtsgewicht von 3560 g und einer Größe von 49 cm. Die Schwangerschaft verlief vorerst komplikationslos, in der 2. Schwangerschaftshälfte hatte ich MPN-unabhängige Komplikationen (vorzeitige Wehen und Schwangerschaftscholestase).

2015 – Mein Mann und ich wünschten uns ein zweites Kind. Ich wurde schwanger und im Zuge der schwangerschaftsnotwendigen Blutuntersuchungen fielen die erhöhten Thrombozytenwerte (680 000) auf. Ich wurde parallel zum Hämatologen überwiesen, der eine Therapie mit ASS 100 und Heparin 20 µg/tgl. veranlasste und sich gleichzeitig auf die Suche nach der Ursache für die zu hohen Thrombos machte (JAK2 usw.). Die Frauenärztin stellte ab der 6. SSW einen arrhythmischen, verlangsamten Herzschlag und in den folgenden Wochen kein Wachstum fest. Begleitet durch vereinzelte dunkle Schmierblutungen, blieb der Herzschlag unregelmäßig und es folgte eine Fehlgeburt in der 8. SSW.

Nach der Fehlgeburt sollten sich meine Thrombozytenwerte normalisieren, so der Hämatologe, der optimistisch an die nicht intakte Schwangerschaft als Ursache für die hohen Werte glaubte, zumal JAK2 und auch CALR negativ getestet wurden. Doch das war leider nicht der Fall, was der Test auf eine MPL-Mutation und die Knochenmarkbiopsie bestätigten. Anfang Dezember kam dann die Diagnose ET. Kurze Zeit später fand ich den Weg zum mpn-Netzwerk.

Zweifel nach der Diagnose…

Mein Mann und ich überlegten sehr lange, wie wir mit der neuen Situation und unserem Kinderwunsch umgehen sollen. Fragen und Zweifel nach den Risiken in der Schwangerschaft für mich und das Kind, Angst vor weiteren Fehlgeburten und die Ungewissheit der Lebenserwartung trieben mich um. Die wichtigste Frage war allerdings, ob ich meine MPL-Mutation an meine Kinder vererben kann. Mein Hämatologe und Prof. Dr. Griesshammer hielten das für sehr unwahrscheinlich, es sei schließlich eine somatische Mutation, sagten beide. Nichtsdestotrotz ließ ich meinen Sohn testen, der plötzlich im Zuge eines Infektes zu hohe Thrombos hatte. Er ist negativ!! Es verging noch knapp ein ¾ Jahr, bis ich emotional soweit sortiert war, um es neu anzugehen und ich wurde im August 2016 bei Thrombos von 450 000 erneut schwanger. 3 Wochen zuvor hatte ich mit der Interferontherapie begonnen, Pegasys 45 µg/wöchentlich, ASS 100+Heparin 20 µg/tgl. Damit sollte sich das Risiko für Mikrothrombosen in der Plazenta minimieren. Parallel überwies mich die Frauenärztin in ein spezielles Gerinnungszentrum, um eine Gerinnungsdiagnostik zu machen und mit in dieser Hinsicht besser begleiten zu können. Die Gerinnungsdiagnostik ergab bei mir eine leichte Blutungsneigung.

Der Embryo entwickelte sich bis zur 6. SSW normal. Doch auch dieses Mal setzten wieder dunkle, „alte“ Blutungen ein und kurze Zeit später war ein arrhythmischer Herzschlag im Ultraschall sichtbar. Es folgte eine Fehlgeburt in der 9. SSW. Da es nun die zweite aufeinander folgende Fehlgeburt war, veranlasste meine Frauenärztin eine humangenetische Untersuchung von meinem Mann, mir und dem Embryo. Das Ergebnis war, das wir beide diesbezüglich gesund sind, der Embryo allerdings eine Trisomie 22 hatte, die Fehlgeburt war quasi eine Laune der Natur und hatte keinen Zusammenhang mit meiner MPN.

Mut zu einer erneuten Schwangerschaft

Im Dezember 2017 wurde ich erneut schwanger. Auch diesmal hatte ich leichte dunkle Blutungen bis ca. zur 16. SSW, doch der Herzschlag war normal, kräftig und schnell, das Wachstum und die Entwicklung waren unauffällig. Zwischenzeitlich bestätigte in der 10.SSW eine Spezialuntersuchung, dass der Embryo auf ausgewählte Trisomien negativ ist. Außerdem erfuhren wir, dass es ein Mädchen wird! Mein Mann und ich waren wahnsinnig erleichtert und wir konnten uns endlich freuen. Meine MPN-Therapie in dieser Schwangerschaft: Das Pegasys von 45 µg/wöchentlich zu Beginn konnte ich auf Grund fallender Thrombozyten ausschleichen lassen, ab dem 5.SSM war ich interferonfrei. Ich brauchte kein ASS oder Heparin, da die Thrombos von Anfang an in der Norm waren und im Laufe der Schwangerschaft eher an die untere Normgrenze andockten, dazu kam laut Gerinnungsdiagnostik ja eher eine Blutungsneigung.

Gute Vorbereitung – komplikationslose Geburt

Was die Entbindung und die Risiken der Erkrankung angingen, hatte ich mich so vorbereitet, dass ich mich sicher fühlte. Ich wählte die Klinik nach dem Ärzte- und Hebammenteam aus, (war mehrmals dort auf Grund einer Ringelrötelinfektion in der 21. SSW), habe alles genau besprochen und hatte ein gutes Gefühl. Der Anästhesist war im Vorgespräch nicht so begeistert von der PDA-Idee mit MPN und der Blutungsneigung im Hintergrund. Im Oktober 2017 kam unser Kind gesund und fit zur Welt. Die Geburt verlief schnell und komplikationslos, für eine PDA ließ mir meine Tochter keine Zeit. Sie wog durchschnittliche 3500 g und war normgerecht groß – 51 cm, ähnlich wie unser Sohn 2010.
Ihr Nabelschnurblut haben wir bei einer Nabelschnurblutbank einlagern lassen.

Das Wochenbett war bis auf eine Sache unauffällig. Ich habe am 3. Tag einen faustgroßen Koagel ausgeschieden. Die Gerinnungsdiagnostikerin war der Meinung, dass das häufiger vorkommt und daran liegt, dass ich auf Grund der schnellen Geburt mehr gelegen habe. Sie sah den Grund nicht in der MPN, bzw. einer durch diese veränderte Blutgerinnung. Nach allem, was ich bisher weiß, denke ich allerdings schon, dass es mit den Veränderungen meines Blutes zusammenhing. Ansonsten blutete ich auffällig wenig und im Vergleich zu anderen Frauen eher kurz.

Dankbar für zwei gesunde Kinder

Letztendlich, mit einer Schwangerschaft vor der Erkrankung, zwei Fehlgeburten und einer völlig MPN-unauffälligen 4. Schwangerschaft nach der Diagnose, habe ich 2 gesunde Kinder zur Welt gebracht. Daran hatten die Frauen in diesem Netzwerk einen enorm großen Anteil. Ihre Erfahrungsberichte sowie ausführliche Antworten auf viele meiner Fragen gaben mir den Mut, es weiter zu versuchen. Darüber bin ich unglaublich froh und sehr dankbar.