präfibrotische Primäre Myelofibrose (präPMF)

Ulrike, *1965, präPMF seit 2020

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Im Januar vor der Diagnose, hatte ich meine Hausärztin gebeten, meine Blutwerte zu prüfen, da es mir schon länger nicht gut ging. Erschöpfung, Konzentrationsprobleme und Sehstörungen wurden immer stärker. Ich fühlte mich auch morgens nie ausgeschlafen. Außerdem machten mir Schmerzen in den Füßen und Fingern zu schaffen.

Eine häufige Erschöpfung kannte ich bereits aufgrund einer schon bestehenden Autoimmunerkrankung, die in meiner Jugend diagnostiziert wurde. Aber: das Ausmaß der Erschöpfung wurde immer schlimmer, ebenso wie die Migränehäufigkeit und -intensität. Migräneschmerzen habe ich ca. seit meinem 30. Lebensjahr.

Die Thrombozyten waren schon mindestens seit 2016 zu hoch, jedoch wurde das immer mit meiner Autoimmunerkrankung begründet und daher nicht weiter untersucht.
Dieses Mal erhielt ich aufgrund der neuen Laborwerte aber eine Überweisung zum Hämatologen und wurde dort im April 2020 vorstellig. Er „tippte“ auch gleich auf die Autoimmunerkrankung und sagte auch, dass die Müdigkeit und andere Symptome sicher daher kämen.
Eine erneute Blutuntersuchung ergab dann einen noch höheren Thrombozytenwert als zuvor im April und im Januar.

Das Ergebnis einer zytogenetische Untersuchung des Blutes war dann Jak2 positiv und ASXL1 positiv. Außerdem wurden ein starker Eisenmangel und eine leichte Vergrößerung der Milz festgestellt. Mein Hämatologe diagnostizierte anhand der bisherigen Befunde zunächst eine ET. Nach der Knochenmarkpunktion wenig später lautete die Diagnose dann aber PräPMF, was mich sehr erschrak.
Ich sollte sofort mit Einnahme von ASS100 sowie einem Magenschutz beginnen (Magenschutz, weil ich auch schon magenunfreundliche Medikamente aufgrund der Autoimmunerkrankung einnehmen muss). Vorübergehend sollte ich auch ein Eisenpräparat einnehmen.

Ich erfuhr von meinem Arzt, dass man auch mit der PräPMF ein normales, langes Leben haben kann. Eigentlich dürfte ich mit Einnahme des ASS100 auch keine Symptome mehr haben. Nur die wenigsten Menschen mit so einer Diagnose würden eine Stammzellentransplantation benötigen. Es bestünde aber ein höheres Risiko, einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie zu erleiden. Wahrscheinlich meinte er es besser als es bei mir angekommen ist. Zusätzlich stand im Laborbericht, dass Frameshift- und Nonsense-Mutationen im ASXL1-Gen mit einer ungünstigen Prognose assoziiert sind.

Ich bekam Panikattacken und hatte furchtbare Angst davor, einen Schlaganfall zu erleiden. Ich bat meinen Mann sofort den Notarzt anzurufen, sollte ich irgendwie komisch wirken. Jedes Zipperlein machte mir richtig Angst, meine Gedanken kreisten nur noch darum und um die „ungünstige Prognose“.

Zur Krisenintervention konnte ich einige Termine bei einer Psychologin wahrnehmen. Sie hat mir etwas „Werkzeug“ in die Hand gegeben, mit dem ich besser durch die Panikattacken gekommen bin.

Viel Unterstützung habe ich in Form von Aufklärung durch das MPN-Netzwerk erfahren, was mir sehr geholfen hat. So habe ich beispielsweise verstanden, dass meine Allel-Last des JAK2-Gens und ASXL1-Gens eher niedrig ist (17% bzw. 7%), sie sind schwankend und müssen nicht zwangsläufig steigen. Außerdem basiert die Aussage zur „ungünstige Prognose“ rein auf einer Statistik und bedeutet nicht, dass ich persönlich in jedem Fall auch eine ungünstige Prognose haben werde.

Nach und nach wurde ich entspannter, ich habe zwischenzeitlich Mitglieder des MPN-Netzwerkes persönlich kennengelernt (Reha und Tagung) und der Austausch hat mir sehr gutgetan.
Ich höre und lese immer wieder, dass bei der PräPMF und mit ASS-Einnahme keine Einschränkungen mehr bestehen dürften.
Ich habe jedoch weiterhin Probleme mit der Konzentration und der Erschöpfung. Kribbeln und unangenehmes Gefühl in Fingern und Zehen habe ich auch noch, wenn auch weniger stark als früher.
Solange ich in Bewegung bin, kann ich die Erschöpfung manchmal austricksen. Sobald ich etwas länger sitze (was sich nicht immer vermeiden lässt), möchte ich mich am liebsten gleich hinlegen.
Morgens wache ich selten ausgeschlafen aus, sondern fühle mich direkt gerädert und erschöpft. Migräneattacken habe ich ebenfalls noch wie zuvor, allerdings scheinen sie etwas kürzer geworden zu sein.
Was meinen Umgang mit der MPN-Erkrankung bzw. den Symptomen betrifft, fühle ich mich daher immer noch überfordert. Ich ernähre mich gesund, lache gerne, mache regelmäßig und viel Sport, bin gerne draußen – aber es reicht alles nicht dazu aus, dass es mir einfach normal gut geht. Das wünsche ich mir sehr.

Ich habe inzwischen auch meinen Job gewechselt und einen neuen Vollzeit-Job angetreten, für den ich weniger Zeit am PC verbringen muss und mehr in Bewegung und direkter Kommunikation bin als zuvor und bei dem ich nur selten Überstunden machen muss.
Außerdem muss ich nicht mehr beruflich verreisen, habe keine Langstreckenflüge, keine langen Autofahrten oder langen Messetage mehr. Erstmal ist der Wechsel natürlich anstrengend und aufregend, weil alles neu ist. Aber ich erwarte, dass sich die Vorteile des Jobs bald positiv auf meine Gesundheit auswirken werden.
Grundsätzlich achte ich nun mehr auf mich und darauf, was mir guttut. Ich weiß nicht, wie sich alles weiter entwickeln wird, aber ich bin wieder zuversichtlich.

Stand Juni 2023