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Was ist präfibrotische Primäre Myelofibrose (präPMF) und wie häufig tritt sie auf?
Die präfibrotische Primäre Myelofibrose (präPMF) gehört zu den seltenen, chronischen Myeloproliferativen Neoplasien (MPN), ist also eine Erkrankung des Knochenmarks.
Die Weltgesundheitsorganisation hat 2008 die ehemals als Myeloproliferative Disorders (MPD) bezeichneten Erkrankungen in Myeloproliferative Neoplasms (MPN, Myeloproliferative Neoplasien) umbenannt und zuletzt im Jahr 2022 neu klassifiziert. Zur Gruppe der MPN gehören unter anderem die Essentielle Thrombozythämie (ET), die Polycythaemia vera (PV), die Primäre Myelofibrose (PMF)und seit 2016 die präfibrotische Primäre Myelofibrose (präPMF). Sie ist eine frühe Form der PMF, unterscheidet sich aber von dieser deutlich in der Behandlung und Prognose.
Während in der präfibrotischen Phase der Myelofibrose eine Überproduktion von Zellen vorliegt, kann es im langfristigen Verlauf (Jahre oder Jahrzehnte) zu einer zunehmenden Fibrosierung (Verfaserung) des Knochenmarks kommen (s. Kasten unten), also zu einem Übergang in eine PMF. Bei der präPMF ist die Verfaserung nur schwach ausgeprägt (MF 0 – MF 1). Die Fibrosierung wird von Pathologen in verschiedene Grade eingeteilt: MF 0 keine Fibrose bis MF 3 ausgeprägte Verfaserung).
Wie kommt es zur Fibrosierung des Knochenmarks?
Myelofibrose: das Knochenmark betreffend (lat. myelo) / Verfaserung (lat. Fibrose)
Bei der Myelofibrose (MF) werden zu viele Blutzellen im Knochenmark produziert und damit auch zu viele Zytokine (Botenstoffe). Diese stimulieren die Fibroblasten, Zellen, die Bindegewebe produzieren, was zu einer zunehmenden Fibrosierung (Verfaserung) führt.
Bei einer zunehmenden Fibrosierung ist die Blutbildung deutlich eingeschränkt, wird im Verlauf der Erkrankung zunehmend in andere Organe wie Milz und Leber verlagert und kann im fortgeschrittenen Stadium ganz zum Erliegen kommen. Diese extramedulläre Blutbildung (extramedullär: außerhalb des Knochenmarks) führt häufig zu einer Vergrößerung von Milz und Leber.
Häufigkeit
Da die Entität erst 2016 klassifiziert wurde, gibt es dazu noch keine verlässlichen Daten. Man geht von einer ähnlichen Größenordnung wie bei der PMF aus. Pro Jahr erkranken demnach in Deutschland nach Schätzungen 0,5 – 1,5 von 100.000 Menschen an präPMF, das sind hochgerechnet ca. 1000 Neuerkrankungen.
Die Erkrankung tritt im Schnitt im Alter von 57 Jahren auf, im Vergleich zur PMF mit 65 Jahren. Eine Diagnose bei jungen Erwachsenen (< 30 Jahre) ist zwar selten, aber nicht ungewöhnlich.
Da die präPMF zu den sogenannten seltenen Erkrankungen (engl. orphan disease) gehört, kennen sie viele niedergelassene Ärzte (noch) nicht. Daher ist die Vorstellung an spezialisierten Zentren, z.B. im Rahmen einer Zweitmeinung, sinnvoll und angeraten.
Durch die lange Überlebenszeit, also den meist chronischen Charakter, zählen die MPN, trotz der geringen Zahl an Neuerkrankungen, zu den dritthäufigsten Erkrankungen in onkologischen Zentren.
Zählt eine präPMF zu den Krebserkrankungen?
Die präPMF gehört als Subentität der PMF gemäß der WHO-Klassifikation zu den sogenannten BCR-ABL1-negativen myeloproliferativen Neoplasien, einer Gruppe von selbstständig wachsenden, also bösartigen Erkrankungen, chronischer Blutkrebs. Die präPMF ist keine Leukämie im engeren Sinn, aber aufgrund der unkontrollierten Zellbildung eine den Leukämien verwandte Erkrankung. Eine Besonderheit der präPMF ist, dass sowohl gesunde als auch krankhaft veränderte Stammzellen mit ihren jeweiligen Nachkommen lange Zeit nebeneinander existieren können. Dabei kann der Anteil an mutierten Zellen bei den einzelnen Patienten und in den verschiedenen Stadien der Erkrankung sehr unterschiedlich sein. Meist geht die präPMF langfristig (Jahre bis Jahrzehnte) in eine PMF über, die sich unter anderem durch einen Fasergrad MF>1 auszeichnet. Außerdem birgt sie ein geringes Risiko, in eine Akute Myeloische Leukämie (AML) überzugehen.
Was sind die Ursachen der präPMF?
Die genauen Ursachen der präPMF sind bisher nicht bekannt. So gibt es aktuell keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob beispielsweise ein bestimmter Lebenswandel, der berufsbedingte Umgang mit Chemikalien oder sonstige Umwelteinflüsse die Entstehung einer präPMF begünstigen können. Man geht davon aus, dass die Erkrankung im Laufe des Lebens durch zufällig erworbene (sogenannte somatische) Mutationen in blutbildenden (hämatopoetischen) Stammzellen hervorgerufen wird. Diese Genveränderungen führen zu Funktionsstörungen bei den in Frage stehenden Stammzellen. Die häufigste Mutation ist die JAK2 V617F -Genmutation.
JAK2-Genmutation
60 Prozent der präPMF-Patienten weisen die JAK2 V617F-Mutation auf (JAK = Janus-Kinase). In Zellen, die die Mutation tragen, ist ein Enzym, die sog. Janus-Kinase, dauerhaft aktiviert, das heißt der „Schalter“ steht permanent auf „Ein“. In der Folge teilt sich die Zelle ununterbrochen, was im Falle der präPMF zu einer unkontrollierten Vermehrung, insbesondere der Thrombozyten, führt.
CALRETICULIN
MPL
Bei fünf bis acht Prozent der präPMF-Patientinnen kann eine MPL-Mutation (Mutation im Gen für den Thrombopoetin-Rezeptor MPL) nachgewiesen werden. Diese Mutation führt zu einer dauerhaften Wachstumsstimulation der betroffenen Blutstammzelle. Thrombopoetin ist ein Hormon, das entscheidend an der Bildung von Blutplättchen beteiligt ist.
Triple negative
Etwa zehn Prozent der präPMF-Patienten weisen keine der drei Mutationen (JAK2, CALR, MPL) auf, diese Fälle werden als „triple negative“ bezeichnet. Dies schließt jedoch das Vorliegen anderer Mutationen (jenseits der 3 klassischen Treibermutationen) keineswegs aus.
In der Regel schließen sich diese Treibermutationen innerhalb einer Zelle gegenseitig aus, so dass nur eine davon vorliegt. In seltenen Fällen kommt es vor, dass zwei verschiedene Mutationen in unterschiedlichen Zellen existieren (bi-klonale Erkrankung).
Erforschung weiterer Mutationen
Zusätzlich zu den sogenannten Treiber-Mutationen JAK2, CALR und MPL spielen weitere epigenetische oder sogenannte Passagier-Mutationen eine Rolle, vor allem ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2, TET2, TP53 und U2AF1Q157. Diese kommen seltener vor als bei der PMF. Bestimmte Passagier-Mutationen haben jedoch Einfluss auf die Prognose der präPMF und fließen in molekulare Risiko-Scores ein. Grundlegend sind diese Veränderungen jedoch nicht spezifisch für die präPMF, sondern können auch bei anderen hämatologischen Erkrankungen vorliegen.
Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass Treibermutationen mitunter bereits in der Kindheit, evtl. sogar im Embryonalstadium entstehen können und dass es bis zum Auftreten der MPN mehrere Jahrzehnte dauern kann.
Ist eine präPMF vererbbar?
Nach dem jetzigen Stand der Forschung sind die MPN, also auch die präPMF, in der Regel keine genetisch vererbten Krankheiten. In extrem seltenen Einzelfällen waren jedoch Keimbahnmutationen z.B. des JAK2-Gens beschrieben worden, so dass eine Vererbung stattfand. Darüber hinaus können familiäre Dispositionen für die Entstehung von MPN auftreten, die Prozentzahl liegt jedoch im niedrigen einstelligen Bereich. Bei familiären Häufungen von MPN über mehrere (mindestens drei) Generationen wird gemäß der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) eine humangenetische Beratung empfohlen.
Welche Symptome können auf eine präPMF hindeuten?
Meist beginnt die Erkrankung schleichend, zeigt sich über viele Jahre symptomfrei und bleibt daher häufig unentdeckt. Eine eindeutige Diagnose wird erst in einem fortgeschrittenen Stadium anhand von dann auftretenden Symptomen, einem auffälligen Blutbild oder eines thromboembolischen Ereignisses gestellt. Die Schwere der Symptome sagt nichts aus über das Stadium bzw. das Risiko eines Fortschreitens der Erkrankung. Das bedeutet, dass ein Patient mit mehr Symptomen nicht automatisch schwerer erkrankt ist als ein Patient mit weniger Symptomen. Zwischen dem Auftreten erster Symptome und der korrekten Diagnosestellung liegt häufig nochmals ein längerer Zeitraum. Die nachfolgend aufgelisteten Symptome können sich auch bei anderen Erkrankungen zeigen und eignen sich daher nicht als alleinige Diagnosekriterien. Sie sind allenfalls als mögliche Hinweise zu werten. Häufig werden sie auch erst nach erfolgter Diagnose mit der präPMF in Verbindung gebracht.
Typische Beschwerden, die zum Zeitpunkt der präPMF-Diagnose bestehen können
- Müdigkeit, Erschöpfung (Fatigue)
- Abnehmende Leistungsfähigkeit
- Nachtschweiß
- Sehstörungen, Flimmern vor den Augen
- Knochenschmerzen
- Durchblutungsstörungen (Mikrozirkulationsstörungen)
- Oberbauchbeschwerden durch Vergrößerung von Milz und Leber
- Juckreiz (aquagener Pruritus), besonders stark nach dem Baden oder Duschen
Wie wird die präPMF diagnostiziert?
Die Myeloproliferativen Neoplasien sind seltene Erkrankungen und weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Deshalb lassen sie sich, insbesondere im Anfangsstadium, häufig nur schwer voneinander unterscheiden und können zudem in einzelnen Fällen ineinander übergehen.
Häufig wird die Diagnose als Zufallsbefund gestellt.
Folgende Szenarien können zur Diagnose von präPMF führen:
- Bei einer Routineuntersuchung oder im Rahmen der Diagnostik und Therapie anderer Erkrankungen fallen erhöhte Werte der Thrombozyten oder Leukozyten auf. Auch der LDH-Wert (Laktatdehydrogenase) kann erhöht sein, seltener die Zahl der Erythrozyten.
- Patientinnen suchen eine Ärztin auf, weil sie unter einem oder mehreren der oben genannten Symptome leiden.
- Die Fatigue (chronische Erschöpfung und andauernde Müdigkeit) wird inzwischen von MPN-Expertinnen als wichtiges Kriterium in die Diagnostik einbezogen.
- Schwerwiegende Komplikationen wie eine Thrombose, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall führen bisweilen zur Diagnose präPMF.
Die Erfahrungen der Mitglieder des MPN-Netzwerks zeigen, dass viele Ärzte die vielschichtige Gesamtsymptomatik zunächst nicht richtig einordnen, da Veränderungen des Blutbildes verschiedene Ursachen haben können. Mitunter werden sie sogar als Laborfehler eingestuft und ignoriert. Außerdem ist die präPMF – wie bereits erwähnt – selbst unter Ärztinnen noch immer relativ unbekannt. Abklärungen können jederzeit an den spezialisierten Referenzzentren der deutsche MPN Studiengruppe (GSG-MPN) erfolgen.
Sobald der Verdacht auf eine präPMF besteht, spätestens jedoch, wenn der Arzt eine vergrößerte Milz feststellt (nur bei 64 Prozent der Betroffenen) und/oder sich die veränderten Blutwerte bei einer Nachuntersuchung bestätigen, sollte eine Überweisung zu einer Hämatologin erfolgen. Diese ist darin geschult, eine Diagnose auf Basis der aktuellen Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) zu stellen. In der Leitlinie zur PMF gibt es spezielle Unterkapitel zur präPMF.
Diagnosekriterien für die präfibrotische Myelofibrose (präPMF), nach WHO 2022
Hauptkriterien
- Knochenmarkbefund mit Fibrosegrad ≤ 1 und gleichzeitig altersabhängig gesteigerte Zellzahl im Knochenmark, erhöhte Granulozyten- und Megakaryozyten mit auffälligem Aussehen, häufig reduzierte Erythrozytenanzahl
- Nachweis einer Mutation (JAK2, CALR, MPL)
- oder anderer klonaler Marker
- oder kein Nachweis einer reaktiven Myelofibrose
- Ausschluss einer anderen Knochenmarkerkrankung (CML, PV, ET, MDS)
Nebenkriterien
- Anämie (Blutarmut)
- Vergrößerte, tastbare Milz
- Leukozyten > 11 x 109/l
- Erhöhte LDH
Eine präPMF gilt als gesichert, wenn alle Hauptkriterien und mindestens ein Nebenkriterium vorliegen. Wesentlicher Unterschied zu einer PMF ist der niedrige Fasergrad und die geringere Anzahl oder Abwesenheit von Blasten im Blut. Blasten sind unreife Vorläuferzellen des Bluts.
Untersuchungen zur Diagnostik
Blutuntersuchung
Die Laboranalyse der Blutprobe zeigt bei fast allen präPMF-Patienten Abweichungen der Blutwerte von normalen Befunden: Neben der Thrombozytenzahl (> 400 .000/µl) können auch die Leukozyten (> 10 .000/µl) erhöht sein, während der Wert der Erythrozyten sowohl erhöht als auch erniedrigt sein kann. Sehr häufig gleicht das Blutbild einer präPMF dem Blutbild einer ET, seltener dem einer PV, weshalb allen Betroffenen mit MPN zur Absicherung der Diagnose immer eine Knochenmarkpunktion zu empfehlen ist.
Molekulargenetische Untersuchung
Die molekulargenetische Analyse zielt auf den Nachweis einer oder mehrerer Mutationen, die für die präPMF charakteristisch sind. Die Untersuchung erfolgt auf Basis einer Blutprobe. Der Nachweis einer Treibermutation mittels PCR-Technologie dauert nur wenige Tage.
Eine erweiterte Diagnostik mittels Next-Generation Sequencing (NGS) (z.B. zum Nachweis von Risiko-Mutationen) kann auch 2-3 Wochen in Anspruch nehmen. Diese Diagnostik ist sehr teuer und wird daher nur in begründeten Ausnahmefällen, am ehesten an Unikliniken, durchgeführt.
Nicht alle Erkrankten weisen eine oder mehrere der für die präPMF charakteristischen Mutationen auf. Ein negatives Testergebnis bedeutet daher nicht, dass eine MPN-Erkrankung sicher ausgeschlossen werden kann.
Ultraschall des Bauchraums
Als Folge der präPMF ist bei einigen Betroffenen die Milz vergrößert (Splenomegalie). Grund ist der krankheitsbedingte gesteigerte Zellumsatz, weshalb die Milz besonders viele alte und veränderte Blutzellen abbauen muss. Auch die Leber kann bei der präPMF vergrößert sein (Hepatomegalie). Unspezifische Oberbauchbeschwerden sind häufig die Folge. Eine erste Einschätzung nimmt die Ärztin durch einen Tastbefund vor, dem in der Regel zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) folgt.
Außer dem Nachweis der Mutationen JAK2, MPL und CALR ist die Knochenmarkpunktion (KMP) die wichtigste Methode, um eine präPMF eindeutig zu diagnostizieren. Grund dafür ist, dass sich die veränderten blutbildenden Zellen und speziell der Fibrosegrad des Knochenmarks nur unter dem Mikroskop genauer untersuchen lassen.
Bei der präPMF liegt noch keine oder nur eine geringe Faservermehrung (Fasergrad ≤ 1) im Knochenmark vor. Allerdings sind die Megakaryozyten, die Vorläuferzellen der Thrombozyten, in vielen Fällen stark vermehrt, deutlich vergrößert und in lockeren Gruppen gelagert. Auch die Zellkerne sind häufig verändert. Während ihre Form bei der Essentiellen Thrombozythämie an ein Hirschgeweih erinnert, ist sie bei der präPMF wolkenförmig. Die Beschaffenheit der Megakaryozyten-Kerne ist somit ein Kriterium, um die präPMF bzw. PMF von anderen MPN-Formen, insbesondere der ET, zu unterscheiden. Allerdings ergibt sich die Diagnose ausschließlich aus der Zusammenschau von klinischen, molekularen und histopathologischen Befunden. Der histopathologische Befund alleine ist für die Klassifikation nicht hinreichend.
In der klinischen Praxis zeigt es sich jedoch, dass es viele Überlappungen der einzelnen MPN-Entitäten gibt und eine zweifelsfreie Diagnosestellung daher nicht immer möglich ist. Unter Umständen ergibt sich erst im Laufe der Zeit die korrekte Diagnose.
Wichtig zu wissen:
- Letztlich stellt jede Knochenmarkpunktion nur eine Momentaufnahme dar, die in der Regel keine Aussage über den weiteren Verlauf der Erkrankung zulässt.
- Die Beurteilung des Knochenmarks bei MPN ist eine komplexe Untersuchung, so dass sie erfahrenen Hämatopathologen vorbehalten bleiben sollte. Da die Ergebnisse der Knochenmarkuntersuchung für die weitere Behandlung und Prognose von großer Wichtigkeit sind, empfiehlt es sich, die Gewebeprobe unter Umständen zusätzlich von einem spezialisierten Referenzlabor zweitbegutachten zu lassen.
Welche Prognose hat die präPMF?
Man sollte Prognoseangaben, insbesondere aus dem Internet, mit Vorsicht betrachten. Es handelt sich vielfach um veraltete und daher irreführende Zahlen. Insbesondere können die Prognosefaktoren für die PMF nicht auf die präPMF übertragen werden. Bei der Interpretation der Daten zum Überleben liegt der Blick immer auf dem mittleren Erkrankungsalter. Bei Patienten in einem höheren Alter werden jedoch auch andere Todesursachen wahrscheinlicher, zum Beispiel Herzinfarkte oder andere unabhängige Zweiterkrankungen.
Meist geht die präPMF im weiteren Verlauf in eine PMF über, erkennbar vor allen Dingen durch eine Zunahme des Fasergrads. Aber selbst die PMF kann dann noch Jahre durch eine Überproduktion von Blutzellen gekennzeichnet sein, bevor auch diese weiter zurückgeht. Vor dem Hintergrund der immer weiter verbesserten Behandlungsmethoden kann diese Entwicklung in der Zukunft vermutlich immer weiter hinausgezögert werden.
Trotz sorgfältiger Beurteilung der Krankheitsparameter gelingt eine genaue Subklassifizierung der Krankheit nicht immer. Es können sich Übergangsformen zwischen PV, ET und präPMF finden, die erst im Lauf der Zeit eine wirkliche Unterscheidung erlauben. Aufgrund der deutlich besseren Prognose der präPMF ist die korrekte Abgrenzung zur PMF daher prognostisch nach wie vor am wichtigsten.
Wie ist der Verlauf der präPMF?
Wie bei allen anderen myeloproliferativen Erkrankungen kommt es auch bei der präPMF durch einen Defekt der blutbildenden Stammzellen im Knochenmark in der Anfangsphase zunächst zu einer Überproduktion (Proliferation) bestimmter Blutzellen und deren Vorläuferzellen. Bei der präPMF können zwei Zellreihen parallel betroffen sein, nämlich z.B. Thrombozyten und Leukozyten (bilineare Proliferation).
Megakaryozyten sind Vorläuferzellen der Thrombozyten.
Granulozyten sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen.
Eine Auslagerung der Blutbildung aus dem Knochenmark in andere Organe findet bei der präPMF in der Regel noch nicht oder nur begrenzt statt. Jedoch kann die Milz bereits vergrößert sein, da diese an der Verarbeitung der übermäßig hohen Zellzahlen beteiligt ist.
Weiterer Verlauf
Wenn die präPMF in eine PMF übergeht, kommt es im Knochenmark neben einer Überproduktion von Blutzellen zu einer vermehrten Neubildung von Bindegewebe (Fibrose). Diese Faservermehrung, deren Bildung wahrscheinlich von Entzündungsbotenstoffen (Zytokinen) begünstigt wird, lässt sich als „Narbenbildung“ beschreiben und kann bei der PMF zum allmählichen Versagen des Knochenmarks führen.
Wie bereits erwähnt findet der Übergang der präPMF in eine PMF erst nach Jahren oder Jahrzehnten statt. Im Fall einer Verschlechterung des Blutbilds sollte dann eine erneute Punktion des Knochenmarks erfolgen.
„Allerdings geht aus bisher noch ungeklärten Gründen nicht jede präPMF in eine ‚overt fibrotic‘ PMF über.“ (aus: Onkopedia)
Näheres zur PMF lesen Sie hier.
Wichtig zu wissen:
Der Verlauf der präPMF ist individuell sehr unterschiedlich. Bei einer frühen Diagnose können Patienten über viele Jahre bis Jahrzehnte nahezu symptomfrei leben.
Komplikationen und Risiken
Was versteht man unter Komplikationen und Risiken?
Was versteht man unter einer Komplikation?
Als Komplikation bezeichnet man in der Medizin eine unerwünschte Folge einer Krankheit, eines Unfalls, eines Eingriffs oder eines Medikaments, die nicht im engeren Sinn zum Krankheitsbild gehört. Komplikationen machen meist den Beginn einer Therapie oder deren Änderung erforderlich. Die Verschlimmerung eines Krankheitszustandes wäre z.B. eine Komplikation.
Was versteht man unter einem Risiko?
Ein Risiko weist je nach Fachgebiet einen unterschiedlichen Begriffsinhalt auf. Allgemein wird hierunter die Möglichkeit des Eintritts künftiger Ereignisse mit nachteiligen Auswirkungen verstanden.
Da es bei der präPMF zu einer Überproduktion von Blutzellen, insbesondere der Thrombozyten und teilweise der Leukozyten kommt, ist das Risiko für Thrombosen und Embolien erhöht. Wie neuere Studien zeigen, können auch erhöhte Leukozytenwerte an der Entstehung von Thrombosen beteiligt sein.
Gravierendste Komplikationen bei einer präPMF
Klinisch bedeutsam sind:
- Lungenembolie
- Pfortader- und Milzvenenthrombose
- Budd-Chiari-Syndrom (Thrombose der Lebervenen)
- Sinusvenenthrombose (Gehirnvene)
- Durchblutungsstörungen der Milz bis hin zum Milzinfarkt (Gefäßverschluss)
- Schlaganfall
- Erhöhte Blutungsneigung durch erhöhte Thrombozyten >1 Mio/μl
Der letzte Punkt scheint paradox, sind doch gerade die Thrombozyten dafür zuständig, die Blutgerinnung aufrecht zu erhalten. Da jedoch die Funktion der Zellen beeinträchtigt ist, können sie diese Aufgabe nicht mehr genügend erfüllen. Anteile von Gerinnungsfaktoren können sich an die Thrombozyten binden und stehen dann für die Blutgerinnung nicht mehr zur Verfügung. Mögliche Folgen sind Haut- und Schleimhautblutungen (Blutergüsse, Nasenbluten, etc.), im Einzelfall auch Magen-, Darm- oder Hirnblutungen.
Die Einnahme von ASS (Acetylsalicylsäure, „Aspirin“) muss in diesen Fällen unbedingt mit dem Hämatologen abgeklärt werden.
Die erhöhte Thrombosegefahr bei einer präPMF kann verschiedene Ursachen haben
- Überproduktion von Blutzellen, insbesondere der Thrombozyten und Leukozyten, bedingt durch die Fehlfunktion der für die Blutproduktion verantwortlichen hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark
- botenstoffbedingte Thrombosegefahr durch die Jak2-Mutation
- Dysfunktion der Thrombozyten oder Leukozyten, z.B. durch Vorliegen einer JAK2 Mutation
Weitere nicht präPMF-bedingte Ursachen können sein:
- eine genetische Disposition
- ein genetischer Mangel an Protein C, Protein S
- eine Faktor-V-Mutation Typ Leiden
Wie wir aus den Erfahrungsberichten aus unserem Netzwerk wissen, gelangen viele Betroffene über den Umweg solcher thromboembolischer Ereignisse erst zu der Diagnose MPN-Erkrankung bzw. präPMF.
Risiko AML
Wie alle MPN birgt auch die präPMF ein gewisses, jedoch geringes, Risiko, in eine Akute Myeloische Leukämie (AML) überzugehen.
Wichtig zu wissen:
All die genannten Komplikationen und Risiken machen die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen in einer hämatologischen Praxis deutlich.
Die Behandlung der präPMF
Wann sollte mit einer Behandlung begonnen werden?
Viele MPN-Betroffene sind von Unsicherheiten und Ängsten erfüllt bei der Frage, ob bzw. wann mit einer medikamentösen Behandlung begonnen werden sollte. Wie die bei anderen chronischen Erkrankungen eingesetzten Medikamente, haben auch die für die präPMF zugelassenen Medikamente natürlich individuell verschieden stark ausgeprägte Nebenwirkungen.
Ausprägung und Verlauf der präPMF sind individuell sehr unterschiedlich. Die notwendige Behandlung ist daher von der persönlichen Erkrankungssituation, unter Berücksichtigung aller sonstigen Begleiterkrankungen, abhängig.
Einheitliche Therapievorgaben für alle präPMF-Betroffenen kann es nicht geben.
Therapieziele können hierbei folgende Aspekte umfassen:
- Symptomkontrolle (z.B. durch den Einsatz von JAK-Inhibitoren)
- Vermeidung thromboembolischer Komplikationen (z.B. durch ASS, zytoreduktive Medikamente wie Hydroxycarbamid oder pegylierte Interferone)
- Stabilisierung oder gar Verbesserung der Lebensqualität
Es gibt Faktoren, die sowohl in die Einschätzung des Therapiebeginns als auch in die richtige Medikation einfließen sollten. Hier eine Auswahl:
- Alter
- Dauer der Erkrankung und bisheriger Krankheitsverlauf
- Gab es beim Patienten oder in seiner Familie bereits gravierende Komplikationen, z.B. Thrombosen oder Blutungen?
- Bestehen präPMF-unabhängige Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse wie Rauchen, Pille, Gefäßerkrankungen, Diabetes, Übergewicht, etc.?
- Ist der Betroffene JAK2-positiv?
- Liegt eine Milzvergrößerung vor und bereitet diese Probleme? (Oberbauchschmerzen o.Ä.)
- Wie sieht das Blutbild aus?
- Wie ist das Gesamtbefinden und wie stark sind die Symptome?
- Wie wird die Verträglichkeit von Medikamenten eingeschätzt? (Allergien, Autoimmunerkrankungen, weitere Nebenwirkungen)
- Beurteilung des Befundes der Knochenmarkpunktion
- Mögliche Begleiterkrankungen (insbesondere kardiovaskuläre Erkrankungen)
- Mutationen
Sinnvoll und wichtig: Erfahrene MPN-Spezialisten aufsuchen
Um eine individuell adäquate Therapie und den richtigen Zeitpunkt zum Einstieg in eine Therapie zu finden, ist es durchaus angezeigt, eine erfahrene MPN-Expertise einzuholen.
Da es sich um eine seltene Erkrankung handelt, können selbst erfahrene Hämatologen an ihre Grenze stoßen.
Wichtig zu wissen:
Eine Zweitmeinung ist das Recht einer jeden Patientin und wird von den Krankenkassen bezahlt.
Unter den Zentren auf der Webseite der GSG-MPN findet man spezialisierte Hämatologinnen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass man in der Regel in einer der angegebenen Universitätskliniken das größte und aktuellste Fachwissen findet.
Vorbereitung auf das Arztgespräch
Es ist durchaus sinnvoll, vor einem Arzttermin eigene Fragen schriftlich festzuhalten, um diese in der Gesprächssituation parat zu haben. Bei komplizierten Sachverhalten und Informationen ist man insbesondere in der ersten Phase der Erkrankung oft so aufgeregt und verunsichert, dass vieles in Vergessenheit gerät.
Auch eine Begleitperson kann nach dem „Vier-Ohren-Prinzip“ eine Erleichterung und Hilfe sein, insbesondere bei einer neuen Diagnose.
Unter „Neu diagnostiziert“ finden Sie weitere Tipps zu einem konstruktiven Arzt-Patientengespräch.
Wichtig zu wissen:
Gravierende Zwischenfälle wie eine Thrombose, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall erfordern den sofortigen Einstieg in eine Behandlung, um die Zellzahlen umgehend und nachhaltig zu reduzieren. Nur so kann die akute Gefahr abgewendet und das Risiko weiterer Komplikationen minimiert werden.
Wie wird die präPMF behandelt?
Das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten umfasst die abwartende Beobachtung und medikamentöse Therapien. Letztere orientieren sich häufig an der Behandlung der ET, seltener an der der PV, je nachdem welche Zelllinien bei der präPMF stark erhöht sind.
Wichtig zu wissen:
Eine einheitliche Therapieempfehlung für alle präPMF-Patienten gibt es nicht!
Es besteht ein Unterschied zwischen Indikation und Zulassung. Während die Indikation für die Therapie-Entscheidung eine wichtige Rolle spielt, ist die Zulassung relevant für die Kostenerstattung der Therapie durch die Krankenkassen. Bei klarer Indikation für eine zulassungsüberschreitende Therapie (Off-Label Use) kann eine Kostenübernahme bei der Kasse beantragt werden. Für seltene Erkrankungen bzw. bei einer geringen Zahl von Betroffenen werden oft keine Zulassungsstudien durchgeführt, so dass die Leitlinien auch immer zulassungsüberschreitende Medikamente benennen, welche indiziert und wirksam sind.
Watch & Wait Strategie (Beobachten und abwarten)
Für symptomfreie Betroffene der Niedrigrisiko-Gruppe empfehlen die Leitlinien zunächst keine medikamentöse Behandlung, sondern lediglich eine Verlaufsbeobachtung mit
- vierteljährlichen Kontrollen des Blutbildes
- einer jährlichen umfangreichen Untersuchung einschließlich Ultraschall von Leber und Milz
Eine erneute Knochenmarkpunktion ist in der Regel erst notwendig, wenn sich der Krankheitsverlauf gravierend verändert.
Medikamentöse Therapien
Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS, Clopidogrel u.ä.
Thrombozytenaggregationshemmer hindern die Blutplättchen (Thrombozyten) daran, miteinander zu verklumpen. Sie beugen Durchblutungsstörungen vor und reduzieren dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Thrombusbildung.
Der am häufigsten verordnete Wirkstoff ist niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (ASS). ASS kann eine mit Mikrozirkulationsstörungen zusammenhängende Symptomatik, insbesondere während einer Watch & Wait Phase, häufig verbessern. Gerade bei der präPMF, die mit einer erhöhten Thromboseneigung einhergeht, kann die Einnahme von ASS100 sinnvoll sein.
In einer Referenzstudie (ECLAP-Studie) erwies sich die Einnahme von ASS bei PV-Patienten als wirkungsvoll, da sie das Auftreten von arteriellen und schweren venösen Thrombosen reduzierte. Auch wurde gezeigt, dass bei Vorliegen einer JAK2 Mutation ASS das Auftreten von Thrombosen verringern kann. Speziell zur Gabe von ASS bei der präPMF gibt es bislang keine Studien, es ist aber davon auszugehen, dass es bei nicht zu hohen Thrombozytenzahlen Vorteile bringt, solange medizinisch nichts gegen eine Einnahme spricht (keine Kontraindikationen).
Gegenanzeigen
Eine relative Gegenanzeige für ASS besteht immer dann, wenn Betroffene eine erhöhte Blutungsneigung zeigen oder unter Magen- und Darmgeschwüren leiden.
Sehr hohe Thrombozytenzahlen von mehr als 1 bis 1,5 Mio./µl sprechen ebenfalls gegen die Einnahme von ASS. In diesen Fällen liegt häufig ein erworbenes von-Willebrand-Syndrom vor und damit eine erhöhte Blutungsneigung, weshalb ASS nur in begründeten Ausnahmefällen, bzw. erst nach Absenkung der Thrombozytenzahl zum Einsatz kommen darf.
Alternativen
Einige wenige Menschen leiden an einer Unverträglichkeit oder sprechen auf ASS nicht an. Mittlerweile gibt es mit den Wirkstoffen Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor einige Alternativen, die nach sorgfältiger Rücksprache mit den behandelnden Ärzten angewandt werden können. Niedrig dosiertes Heparin kann ebenfalls eine Alternative darstellen.
Einnahmeform
Tabletten, i. d. R. täglich (50-100 mg). Da jeder Mensch unterschiedlich auf ASS reagiert, gilt es, innerhalb dieser Spanne die individuell richtige Dosis zu ermitteln. Manche Expertinnen empfehlen, die Einnahme von ASS auf 2x täglich zu verteilen. Mit der magenschonenderen Variante ASS protect kann man Magenproblemen evtl. vorbeugen.
Problemorientierte Therapien
Bei sehr hohen Thrombozyten (>1,5 Mio./µl) über einen längeren Zeitraum, deutlich erhöhten Leukozyten sowie einer vergrößerten Milz kommt auch eine Behandlung mit zytoreduktiven (zellreduzierenden) Medikamenten in Frage. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass diese das Risiko thromboembolischer Komplikationen verringern, den Krankheitsverlauf verlangsamen, die Milzgröße reduzieren und die Lebensqualität verbessern können.
AG – Anagrelid (im ‚Off-Label-Use‘)
Anagrelid (Handelsnamen: Xagrid, Thromboreductin, verschiedene Generika) senkt selektiv die erhöhte Thrombozytenzahl. Die Substanz hemmt die Reifung der Megakaryozyten und schränkt damit die Neubildung von Thrombozyten ein, sodass ihre Anzahl im Blut sinkt. Es wirkt weitgehend plättchenspezifisch und beeinflusst nicht die Bildung anderer Blutzellen. Anagrelid ist in Deutschland nur für die Behandlung der ET, nicht für die PV, präPMF und PMF zugelassen. Die Medikation kann in speziellen Fällen auch bei der präPMF indiziert sein und muss dann im Off-Label-Use verordnet werden. (s.a. Off-Label-Use bei INF)
Die Effektivität, mit der Anagrelid die Thrombozytenzahl senkt, ist mit der von Hydroxyurea (s.unten) vergleichbar. Auch bei dieser Behandlung steigen die Thrombozyten nach Absetzen der Therapie im Allgemeinen schnell wieder an.
Die Ansprechrate bei Erkrankten mit MPN in der Literatur lag durchschnittlich bei etwas über 80%, erreicht aber in manchen Studien deutlich mehr als 90%.
Ein abruptes Absetzen von Anagrelid kann in Einzelfällen zu thrombotischen Komplikationen führen, weshalb es bei einem Therapiewechsel ausgeschlichen bzw. überlappend mit einer neuen Therapie eingesetzt werden sollte.
Wichtig zu wissen:
Studien haben gezeigt, dass unter der Kombination von Anagrelid und ASS die Blutungsneigung zunimmt. Daher sollten Betroffene – von begründeten Ausnahmefällen abgesehen – die beiden Medikamente insbesondere zu Beginn der Therapie bei hohen Thrombozytenwerten nicht parallel einnehmen. Dieses gilt es im Verlauf der Therapie immer wieder abzuwägen.
Einnahmeform
Tabletten beziehungsweise Kapseln (à 500 mg), i. d. R. täglich
Mögliche Nebenwirkungen
sind Kopfschmerzen, Durchfälle, Ödem-Bildung, Schwindel und Herzrasen. Das Nebenwirkungsrisiko sinkt deutlich, wenn der Einstieg in die Therapie mit einer geringen Dosierung erfolgt, die nach und nach gesteigert wird (Einschleichen).
Wichtig zu wissen:
Betroffene, die unter Herzrhythmusstörungen und/oder Herzinsuffizienz leiden, sollten Anagrelid nur nach sorgfältiger kardiologischer Untersuchung und einer strengen Risiko-Nutzen-Abwägung einnehmen. Der Wirkstoff führte in der Vergangenheit in Einzelfällen zu schwerwiegenden Herzproblemen, wovon in seltenen Fällen auch junge Patienten ohne Vorerkrankungen am Herzen betroffen waren.
Informationen zum Einsatz nicht zugelassener Arzneimittel finden sich auf der Webseite der Deutschen Leukämie- und Lymphomhilfe, Info-Blatt: Therapie Off-Label-Use, No-Label-Use, Compassionate-Use – was bedeutet das für die Patientinnen?
Hydroxyurea (Handelsnamen: Litalir, Syrea, Hydrea) gilt seit Jahrzehnten als Standardtherapie und ist für die Behandlung von allen Formen der MPN-Erkrankungen zugelassen. Bei HU handelt es sich um ein sogenanntes Zellteilungsgift (Zytostatikum), das die Funktion des Knochenmarks einschränkt und so die Zahl der Blutzellen reduziert. HU wirkt aber nicht nur auf die Thrombozyten, sondern hemmt ebenso die Produktion der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Die dabei oft ungewollte Absenkung der Erythrozyten kann in sehr seltenen Fällen zu einer Anämie führen. Hier ist der Nutzen von HU abzuwägen und die Dosierung gegebenenfalls anzupassen. Nach dem Absetzen der Therapie steigen die Blutwerte in der Regel sehr schnell wieder an.
Gegenanzeigen
HU sollte bei jüngeren Betroffenen wegen des Einflusses von Zytostatika auf die Keimbahn (Eizellen und Spermien) und der Nebenwirkungen auf Haut und Schleimhäute zurückhaltend eingesetzt werden. Ein erhöhtes Leukämierisiko durch HU ist nicht sicher belegt. Bei etwa fünf bis zehn Prozent der mit HU behandelten Patienten bleibt die gewünschte zellreduzierende Wirkung aus (Resistenz).
Einnahmeform
Tabletten beziehungsweise Kapseln (à 500 mg), i. d. R. täglich
Mögliche Nebenwirkungen
Es können leichter Haarausfall und Hautveränderungen auftreten. Patientinnen sollten intensive Sonneneinstrahlung meiden beziehungsweise auf einen angemessenen Sonnenschutz achten.
In einigen Fällen können als Folge der HU-Einnahme Unterschenkelgeschwüre auftreten. In diesem Fall sollte das Medikament sofort abgesetzt werden. Die Geschwüre bilden sich dann in der Regel wieder zurück.
Insbesondere Patienten mit Hautkrebsvorstufen (z. B. Aktinische Keratosen) oder bösartigen Hauttumoren (z. B. Basaliome) sollten sich regelmäßig einer Hautärztin vorstellen. Ein jährliches Hautscreening wird allen Nutzern von HU empfohlen.
IFN – Interferon-alpha (im ‚Off-Label-Use‘)
Interferon (Handelsnamen: Interferon, Pegasys, Besremi) ist ein hormonähnlicher Botenstoff (Zytokin), der zur Behandlung der präPMF in Frage kommen kann. Da Interferon trotz bestehender Indikation und Wirksamkeit derzeit in Deutschland nicht für die Behandlung der präPMF zugelassen ist, muss eine Kostenübernahme beantragt werden. Daher scheuen viele Ärzte eine Verordnung, um mögliche Regress-Forderungen zu vermeiden. Ein Kostenübernahmeantrag kann über ein Referenzzentrum erfolgen.
Aktuell finden vergleichende Studien zur Wirksamkeit von Interferon statt. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Wirkstoff alle drei Zellreihen (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) und auch die Größe der Milz reduziert. Weitere Studien belegen einen Rückgang der JAK-Mutation. In Einzelfällen kam es zu einer kompletten Remission, das heißt die Krankheit war im Blutbild und im Knochenmark nicht mehr nachweisbar. Allerdings bleibt bei etwa zehn bis 20 Prozent der Patienten die gewünschte zellreduzierende Wirkung aus (Resistenz).
Aktuell sind Studien zum Einsatz von Interferonen bei der präPMF in Vorbereitung.
Wichtig zu wissen:
Für Patientinnen, die schwanger sind oder einen Kinderwunsch haben und eine zellreduzierende Behandlung benötigen, empfehlen die DGHO-Leitlinien zur Behandlung der MPN (PV und ET) Interferon als Mittel der Wahl. Diese Empfehlung ist auf die präPMF übertragbar.
Gegenanzeigen
Interferon sollte bei Patienten mit Schilddrüsenerkrankung nur dann verordnet werden, wenn diese mit konventioneller Behandlung kontrolliert werden kann.
Nicht selten treten neurologische und psychische Probleme auf, bei Betroffenen mit psychischen Vorerkrankungen wie Depressionen können sich diese deutlich verstärken. Diese Problematik muss beachtet werden. Nach Absetzen bzw. Dosisreduktion von Interferon gehen diese Nebenwirkungen häufig schnell wieder zurück.
Bei einer bereits bestehenden Autoimmunerkrankung (z.B. rheumatoide Arthritis, Psoriasis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankung) sollte Interferon nur mit Vorsicht angewendet werden.
Vorsichtiger Einsatz ist ebenfalls bei schwerer Leber- oder Nierenerkrankung angeraten.
Einnahmeform
Ähnlich wie Insulin bei Diabetikern muss Interferon mit Fertigspritzen vom Patienten selbst unter die Haut (subkutan) gespritzt werden, bei der pegylierten Form einmal wöchentlich bis monatlich.
Durch die Pegylierung des Wirkstoffs bei neueren Präparaten wie Pegasys oder Besremi wird die Aufnahme im Körper verlangsamt, sodass in größeren Abständen gespritzt werden kann. Zusätzlich kommt es zu einer relativ konstanten Wirkstoffkonzentration im Körper, wodurch Nebenwirkungen reduziert werden könnten.
Mögliche Nebenwirkungen
Sehr häufige Nebenwirkungen von (pegylierten) Interferonen, die mehr als eine von zehn Personen betreffen können, sind niedrige Spiegel der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und der Blutplättchen (Thrombozyten). Dies ist jedoch das Therapieziel gerade bei der präPMF.
Mögliche weitere Nebenwirkungen sind grippeähnliche Symptome nach der Injektion (Fieber, Muskel- und Knochenschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit, Durchfall), Rötungen oder Reizungen an der Injektionsstelle, Haarausfall, Hautreaktionen, Depressionen, Gewichtsverlust, Konzentrationsstörungen und Störungen der Schilddrüsenfunktion. Da Interferon das Immunsystem stimuliert, können in einigen Fällen Autoimmunerkrankungen ausgelöst oder bereits bestehende verstärkt werden.
Ein Einschleichen der Therapie mit niedrigen, langsam ansteigenden Dosierungen kann die Nebenwirkungen mildern. Nach einer Gewöhnungsphase gehen diese bei vielen Patientinnen deutlich zurück.
Der Großteil der Patienten verträgt die Behandlung mit pegylierten Interferonen gut, so dass die Tätigkeiten des täglichen Lebens und körperliche Belastung gut möglich sind. In Studien zur PV konnte zudem gezeigt werden, dass gerade auch Patienten über 60 Jahre die Therapie mit pegyliertem Interferon besser vertragen als z.B. Hydroxyurea.
Symptomorientierte Therapien mit JAK-Inhibitoren
Die Entdeckung der JAK2-Mutation hat nicht nur das Verständnis für die MPN verbessert, sondern stellt die Basis für neue Therapieoptionen, die sogenannten JAK-Inhibitoren dar. Diese können die Aktivierung von Signalwegen durch alle relevanten Treibermutationen (JAK2, MPL, CALR) hemmen und somit zielgerichtet wirken.
Die Zulassung von JAK-Inhibitoren beschränkt sich auf behandlungsbedürftige PMF-Patienten oder auf Patientinnen mit PV, bei denen eine Vortherapie mit Hydroxurea eine unzureichende Wirkung erbracht hat (Zweitlinientherapie).
JAK Inhibitoren werden erst dann bei einer präPMF eingesetzt, wenn eine vergrößerte Milz Probleme bereitet oder weitere Symptome, wie z.B. der aquagene Pruritus, verstärkt auftreten und andere Maßnahmen nicht greifen.
Die sogenannten JAK-Inhibitoren bieten neben den altbewährten Wirkstoffen erstmals eine zielgerichtete medikamentöse Therapieoption. Seit 2012 ist Ruxolitinib in Deutschland für die Behandlung der PMF und in Zweitlinie bei der PV zugelassen. Inzwischen steht mit Fedratinib ein weiterer JAK-Inhibitor für die PMF zur Verfügung.
JAK-Inhibitoren wirken nicht wie Chemotherapie, sondern greifen in einen Signalübertragungsweg der Zelle ein und sind darüber hinaus zytoreduktiv.
Weitere JAK-Inhibitoren mit teilweise variierendem Einfluss auf das Blutbild befinden sich gegenwärtig in Phase-III-Studien beziehungsweise in Zulassungsverfahren. In den USA ist dies aktuell zum einen Pacritinib, das auch bei niedrigen Thrombozytenzahlen verordnet werden kann, zum anderen Momelotinib, das sich positiv auf die Erythrozytenzahl auswirken kann. In der Regel folgt mit etwas zeitlichem Abstand auf eine Zulassung in den USA auch eine europäische Zulassung.
Der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Ruxolitinib ist in der Lage, die Milzgröße zu reduzieren und die Lebensqualität deutlich zu verbessern, indem er konstitutionelle Symptome wie chronische Erschöpfung (Fatigue), Juckreiz und Nachtschweiß spürbar lindert.
Ruxolitinib (Handelsname: Jakavi) ist der erste in einer Reihe von Wirkstoffen, der nach der Entdeckung der JAK2-Mutation im Jahre 2005 entwickelt wurde. 2012 erhielt er in Deutschland die Zulassung für die Behandlung der PMF, inzwischen ist er auch in Zweitlinie für die PV zugelassen.
Das Medikament hemmt die Aktivität bestimmter Enzyme (Januskinase 1 und 2), sodass diese nur noch eingeschränkt in der Lage sind, der Zelle das Signal zur Teilung zu geben. Hierdurch sinkt die Zahl der im Blut zirkulierenden Zellen und die Produktion entzündlicher Botenstoffe (Zytokine oder Chemokine).
Neuere Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Ruxolitinib verschiedentlich die sogenannte Mutationslast zurückdrängen kann. Zudem hat es einen positiven Einfluss auf das Gesamtüberleben und vermag in einigen Fällen die Fibrose zu verringern.
Ruxolitinib wirkt sowohl bei JAK2-mutierten, als auch bei JAK2-unmutierten Erkrankungen, da die unmutierte Januskinase ebenfalls gehemmt wird und für die Signaltransduktion des MPL-Rezeptors (bei MPL- oder CALR-Mutationen) notwendig ist.
Die Kombination von Ruxolitinib mit diversen anderen Arzneimitteln ist Schwerpunkt zahlreicher klinischer Studien. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Kombinationen zukünftig als Therapieoption zugelassen und ihren Weg in den Behandlungsalltag finden werden.
Gegenanzeigen
Ruxolitinib darf nicht von Schwangeren eingenommen werden. Bei Thrombozyten unter 50.000/µl ist ein vorsichtiges Vorgehen wichtig, da die Substanz für diese Zellzahlen in klinischen Studien nicht geprüft wurde. Allerdings gibt es an spezialisierten Zentren weitreichende Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit niedrigen Thrombozytenzahlen.
Einnahmeform
Tabletten (à 5, 10, 15 oder 20 mg), i. d. R. 2 x täglich
Die ärztliche Verordnung orientiert sich unter anderem an der Zahl der Thrombozyten.
Es gibt unter den Hämatologen unterschiedliche Ansichten, ob es besser ist, zuerst mit einer höheren Dosierung einzusteigen und dann notfalls zu reduzieren oder ob man besser mit einer niedrigen Dosis beginnt und diese dann steigert.
Nebenwirkungen
In bisherigen Studien traten unter Ruxolitinib nur sehr wenige schwerwiegende Nebenwirkungen auf. Ob dies auf lange Sicht so bleibt, ist aufgrund geringer Langzeiterfahrungen nicht abschließend zu beantworten. Bekannt ist, dass die Werte sämtlicher Blutzellreihen (Thrombozyten, Erythrozyten, Leukozyten) abfallen. Erreichen sie ein sehr niedriges Niveau, muss die Dosierung angepasst oder die Behandlung gegebenenfalls unterbrochen oder in Einzelfällen beendet werden. Nach dem Ende der Behandlung erreichen die Blutwerte in der Regel schnell wieder das alte Niveau.
Unter Ruxolitinib ist eine höhere Infektanfälligkeit möglich. Ärztin und Patient sollten auf bakterielle und virale Infektionen achten (Lungenentzündung, Tuberkulose, Gürtelrose/Herpes Zoster, Entzündungen der Harnwege). Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme und Verdauungsbeschwerden (Blähungen, Verstopfung).
Eine regelmäßige Hautuntersuchung wird für Patientinnen mit erhöhtem Hautkrebsrisiko empfohlen, insbesondere wenn sie mit HU vorbehandelt wurden.
Wichtig zu wissen:
- Es ist streng darauf zu achten, Ruxolitinib nicht abrupt abzusetzen, sondern langsam auszuschleichen.
- Impfungen gegen Pneumokokken und Herpes Zoster sind von der STIKO für MPN- Patientinnen unabhängig vom Alter empfohlen, da sie als immunsupprimiert gewertet werden. Gerade vor dem Therapiestart mit einem JAK-Inihibitor sollten diese Impfungen daher immer erwogen werden.
- Im Falle einer Coronavirus-Infektion darf Ruxolitinib keinesfalls abgesetzt werden, da es in der COVID-Pandemie nach Absetzen zu einer deutlich erhöhten Sterblichkeit von MF-Patienten kam.
Fedratinib (Handelsname Inrebic) ist ein weiterer JAK-Inhibitor zur Behandlung von Myelofibrose bei Erwachsenen, die eine vergrößerte Milz oder andere Krankheitssymptome haben. Er ist daher als Alternative bei Unverträglichkeit oder Nichtansprechen von Ruxolitinib geeignet.
Inrebic wurde im Februar 2021 von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen und kann seitdem bei drei Arten von Myelofibrose eingesetzt werden:
- bei primärer Myelofibrose (und damit prinzipiell auch bei präfibrotischer Primärer Myelofibrose)
- bei Myelofibrose nach Polycythaemia vera (Post-PV-MF)
- bei Myelofibrose nach Essentieller Thrombozythämie (Post-ET-MF)
Fedratinib ist nach 10 Jahren neben Ruxolitinib das zweite Medikament, das für die Behandlung der Myelofibrose und ihrer Symptome zugelassen wurde. Da Fedratinib ein spezifischerer JAK2 Hemmer als Ruxolitinib (JAK1/JAK2 Hemmer) ist, sind sowohl das Wirkungsspektrum als auch die Nebenwirkungen nicht ganz identisch.
Gegenanzeigen
Fedratinib wurde bei Patienten mit niedrigen Thrombozytenzahlen getestet und kann daher auch in diesem Fall eingesetzt werden.
Das Medikament darf nicht von Schwangeren eingenommen werden.
Einnahmeform
Tabletten, empfohlene Tagesdosis 400 mg
Die Behandlung sollte so lange fortgeführt werden, wie die Patientinnen klinischen Nutzen daraus ziehen. Dosisanpassungen können beim Auftreten von Nebenwirkungen in Betracht gezogen werden. Patienten, die eine Tagesdosis von 200 mg nicht vertragen, sollten Fedratinib komplett absetzen. Patientinnen, die vor Fedratinib mit Ruxolitinib behandelt wurden, können direkt auf Fedratinib umgestellt werden, da Ruxolitinib eine kurze Halbwertszeit hat. Dies hat sich auch in aktuellen Studien bestätigt. Ein Ausschleichen ist nicht unbedingt notwendig.
Nebenwirkungen
In der Anfangsphase der Fedratinibtherapie kommt es häufig zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Diese können durch die temporäre Gabe eines Antiemetikums (Mittel gegen Übelkeit) und eines Mittels gegen Durchfall vermindert werden.
Weitere häufige Nebenwirkungen von Inrebic, die mehr als 1 von 10 Personen betreffen können, sind Anämie (niedrige Anzahl roter Blutkörperchen) und Thrombozytopenie (niedrige Anzahl von Blutplättchen).
Die in einigen Studien vereinzelt aufgetretene Wernicke Enzephalopathie, eine gefährliche neurologische Erkrankung, welche auf einem Mangel eines Vitamins beruht, hat sich im Behandlungsalltag bisher nicht gezeigt, wird aber nicht gänzlich ausgeschlossen. Deshalb sollten vor und während der Behandlung mit Fedratinib ein großes Blutbild erstellt und die Leberwerte sowie Thiamin (Vitamin B1), Amylase/Lipase, Blut-Harnstoff-Stickstoff (BUN) und Kreatinin (Nierenwerte) erhoben werden. Bei Patienten mit Thiaminmangel sollte die Behandlung erst begonnen werden, wenn die Thiaminspiegel normalisiert worden sind. Häufig wird die Thiaminsubstitution bei allen Patienten vor Therapiestart empfohlen, da Thiamin ein wasserlösliches Vitamin und eine Einnahme daher unkritisch ist.
Ob Fedratinib dem seit fast zehn Jahren eingesetzten Ruxolitinib überlegen ist, ist derzeit nicht bekannt, da beide Substanzen bislang nicht in einer Studie verglichen wurden. Ob es in Zukunft entsprechende direktvergleichende Studien geben wird, ist im Moment nicht absehbar.
Aktuell befinden sich weitere JAK- und andere Signalweg-Inhibitoren sowie Kombinationen davon in klinischen Phase-3-Studien. Diese können künftig eine individuellere und gegebenenfalls bessere Behandlung für Patientinnen ermöglichen. Ob und wann diese Wirkstoffe zur Verfügung stehen werden, ist noch nicht vorhersehbar.
Wichtig zu wissen:
Jede medikamentöse Behandlung ist mit Risiken und Nebenwirkungen behaftet, die im Einzelfall gegen den Nutzen abgewogen werden müssen. Die Verträglichkeit und auch die Wirksamkeit der verfügbaren Medikamente sind individuell unterschiedlich, so dass häufig erst ein Behandlungsversuch ein Urteil ermöglicht. Arzt und Patientin sollten sich beraten und gemeinsam die optimale Therapie herausfinden. Diese kann im langjährigen Verlauf durchaus wechseln.
Regelmäßige Kontrollen sind wichtig
Die Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) empfehlen folgende Untersuchungen, um den Verlauf der präPMF dauerhaft zu kontrollieren:
- Klinische Untersuchung (Veränderungen der Milzgröße), Blutbild einschließlich Differentialblutbild und klinische Chemie
Die Abstände sind abhängig vom individuellen Verlauf der Erkrankung, der Therapieform und der Therapiephase, bei Therapieeinstieg kurzfristig, nach Erreichen einer stabilen Phase reichen in der Regel Kontrollen im Vierteljahresrhythmus oder länger. - Eine erneute Knochenmarkpunktion ist nur notwendig, wenn sich Anzeichen zu einer Veränderung der Krankheit ergeben sowie evtl. vor einer Therapieumstellung.
- Ein Verlaufs-Monitoring der Allel-Last wird z.Zt. noch nicht routinemäßig empfohlen, kann aber im individuellen Fall bei Therapieentscheidungen hilfreich sein.
- Einmal jährlich sollte eine Oberbauchsonographie erfolgen, u. a. wegen möglicher Milzvergrößerung.
- Die Vorstellung bei einem Hautarzt wird einmal jährlich empfohlen, insbesondere unter Ruxolitinib und Hydroxyurea.
Wir danken Prof. Andreas Reiter, Mannheim, für seine fachliche Beratung.
Quellen:
- Broschüre mpn-netzwerk e.V.
- Onkopedia (zuletzt 11/2022)
https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html - Deutsche Hirnstiftung (zuletzt 10/2022)
https://hirnstiftung.org/alle-erkrankungen/hirn-und-sinusvenenthrombose-svt/ - Neurologienetz – Das Informationsportal für Ärzte (zuletzt 10/2022)
https://www.neurologienetz.de/fachliches/erkrankungen/zerebrovaskulaere-erkankungen/sinusvenenthrombose - msd manuals Ausgabe für medizinische Fachkreise (zuletzt 10/2022)
www.msdmanuals.com - Kompetenznetz Leukämien
https://www.kompetenznetz-leukaemie.de/ - Mikroskopie-Abbildung – mit freundlicher Genehmigung aus: Torsten Haferlach, Hämatologische Erkrankungen, Atlas und diagnostisches Handbuch, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2020, ISBN 978-3-662-59546-6.
verwendete externe Links
- Onkopedia-Leitlinien PMF
https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html - Webseite GSG-MPN
https://www.cto-im3.de/gsgmpn/ - Webseite DLH der Deutschen Leukamie- und Lymphomhilfe, Informationsblätter
https://www.leukaemie-hilfe.de/infothek/eigene-publikationen/infoblaetter/