Startseite » MPN verstehen » Die Beziehung zwischen Arzt und Patient

Gerade bei chronischen Erkrankungen wie einer MPN ist die Qualität der ärztlichen Betreuung und Begleitung von großer Bedeutung. Hat die Fachärztin – in der Regel eine Hämatologin – die Diagnose gestellt, reicht im weiteren Verlauf meist der Besuch beim Hausarzt oder Internisten, um die empfohlenen regelmäßigen Blutuntersuchungen vornehmen zu lassen. Dabei ist es hilfreich, wenn Hausärztin beziehungsweise Internistin und Hämatologe eng zusammenarbeiten und sich regelmäßig austauschen. Dies ermöglicht es, zeitnah auf Veränderungen im Krankheitsbild zu reagieren und die Therapie entsprechend anzupassen. Da MPN-Erkrankungen selten sind, sollten Hämatologinnen ohne besondere Kenntnisse auf diesem Gebiet nach Möglichkeit einen spezialisierten Kollegen hinzuziehen.

Die Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) empfehlen bestimmte Untersuchungen, um den Verlauf der verschiedenen MPN-Erkrankungen dauerhaft zu kontrollieren:

  • Befragung der Patientin bezüglich krankheitsspezifischer Symptome
  • komplettes Blutbild (Differentialblutbild) – die Abstände können je nach Schwere der Erkrankung und Therapie zwischen wenigen Tagen (z. B. bei Therapieeinstieg) und mehreren Monaten (bei stabilem Verlauf) variieren
  • mindestens halbjährliche Kontrollen des klinischen Status und der Laborbefunde (einschließlich Morphologie des Blutausstriches), um Therapienebenwirkungen und Komplikationen der Erkrankung im Blick zu behalten
  • Ultraschall des Abdomens, ca. jährlich, u. a. wegen möglicher Milz- und Lebervergrößerung
  • insbesondere bei Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Ruxolitinib und Hydroxyurea) wird eine jährliche dermatologische Kontrolle empfohlen

Eine erneute Untersuchung des Knochenmarks ist nur notwendig, wenn sich das Befinden oder die Blutwerte des Patienten gravierend verändern; dies kann ein Hinweis darauf sein, dass die Krankheit voranschreitet. Sinnvoll kann eine Knochenmarkbiopsie auch sein, wenn eine grundlegende Therapieumstellung geplant ist. Auch die Mutationslast muss nicht regelmäßig kontrolliert werden, kann aber bei einer Therapieentscheidung hilfreich sein.

Sämtliche Empfehlungen der DGHO dienen lediglich als Orientierung. Ausschlaggebend dafür, wie häufig bestimmte Untersuchungen stattfinden, sind immer der individuelle Erkrankungsverlauf und das Befinden der Patientin. Im Idealfall arbeiten Patient und Arzt in diesen Fragen zusammen. Ob die Kommunikation gelingt, hängt erfahrungsgemäß davon ab, wie gut das Vertrauensverhältnis zwischen der behandelnden Ärztin und der Patientin ist. Für Betroffene ist es wichtig, die Entscheidungen des Arztes nachvollziehen zu können. Insbesondere dann, wenn sich im Laufe der Zeit die Behandlungsstrategie ändert, weil erstmals Medikamente notwendig werden oder der Umstieg auf einen neuen Wirkstoff ansteht.

Bei tiefgreifenden Unstimmigkeiten kann es deshalb durchaus sinnvoll sein, die Ärztin zu wechseln und gezielt nach einem Hämatologen zu suchen, der Erfahrung mit der Behandlung von MPN hat. Ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis ist besonders für chronisch Kranke, die über viele Jahre medizinisch betreut werden müssen, entscheidend für einen erfolgreichen Behandlungsprozess. Gerade weil die MPN eine fortschreitende Erkrankung ist, die im Laufe der Zeit unterschiedliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, bedarf es einer Medizinerin, die nicht nur abstrakte Blutwerte, sondern den ganzen Menschen in den Blick nimmt und diesen aktiv in Entscheidungen einbezieht.

Wichtig zu wissen:
Ein Arztwechsel ist eine Entscheidung von großer Tragweite und sollte deshalb wohl überlegt sein. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, zunächst auszuloten, welche anderen Wege es gibt, die Betreuung durch die angestammte Ärztin fortzusetzen, zum Beispiel, indem der Patient eine Zweitmeinung bei einer ausgewiesenen Expertin einholt.