Was nun?
Plötzlich ist alles anders…
Warum? Warum ich? Wie geht es weiter? Wie lange werde ich noch leben? Was wird aus meinen Plänen? Kann ich noch Kinder bekommen? Werde ich meine Kinder heranwachsen sehen und für sie da sein? …
Die Diagnose einer chronischen Erkrankung ist für die meisten Betroffenen zunächst ein Schock.
Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind chronische Erkrankungen. Diese und ähnliche Fragen tauchen unweigerlich auf, wenn man eine solche Diagnose gestellt bekommt und sich alles zu verändern droht. Ängste sind jetzt völlig normal.
Auch wenn die Erkrankung nicht bedeuten muss, dass nun alle Lebenspläne geändert werden müssen, ist es doch auch eine Tatsache, dass der Verlauf sehr unterschiedlich sein kann: von völlig normaler Lebenswartung bis zu einer schnell notwendig werdenden Stammzelltherapie ist alles möglich. Letzteres zum Glück eher selten.
Es ist daher gut, wenn man Strategien hat, wie man mit dieser neuartigen Diagnose umgehen kann. Allgemeingültige Tipps gibt es nicht, da jeder Mensch individuell ist. Wir wollen daher Möglichkeiten aufzeigen, die Betroffenen, aber auch ihren Angehörigen und Freunden helfen können, diese Erkrankung anzunehmen und damit möglichst gut zu leben.
Selbst dann, wenn beispielsweise neue Symptome auftreten, die Sie verunsichern oder Ihr Arzt Sie mit einer Veränderung der Diagnose konfrontiert, können diese Überlegungen Ihnen vielleicht helfen:
Zehn Überlegungen, die helfen können
❶ Sich informieren, aber achtsam!
Je besser Sie informiert sind, desto besser können Sie im Arztgespräch für sich einstehen und die richtigen Fragen stellen.
Informationen über die Erkrankung helfen, mit Verunsicherungen passend umzugehen, sie können aber am Anfang auch überfordern. Deshalb bestimmen Sie selbst, wie viel Sie wissen wollen. Insbesondere das unkontrollierte Recherchieren im Internet führt leicht zu Fehleinschätzungen. Achten Sie also darauf, von wem die Informationen stammen, nicht alle Internetseiten informieren unabhängig.
❷ Einen Arzt finden, zu dem man Vertrauen hat
Das Vertrauensverhältnis zu Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ist sehr wichtig, denn schließlich werden Sie mit dieser Krankheit leben müssen und regelmäßige Kontrollen sind ab jetzt unvermeidlich. Wenn Sie sich bei Ihrem Arzt nicht wohl fühlen oder nicht ernst genommen werden, sollten Sie über einen Wechsel nachdenken. Bei einer MPN empfiehlt sich die Behandlung in einer hämatologischen Praxis.
- Woran erkenne ich eine gute Arztpraxis:
https://www.patienten-information.de/checklisten/arztcheckliste
❸ Gut vorbereitet in das Arztgespräch gehen
Gerade bei den ersten Arztbesuchen ist man oft sehr aufgeregt und hat Mühe, dem Arztgespräch zu folgen. Lassen Sie sich begleiten. Vier Ohren hören mehr als zwei, die Begleitung kann sich Notizen machen, beim Nachfragen unterstützen und zu Hause nochmals alles mit Ihnen besprechen.
Aber egal, ob Sie allein sind oder in Begleitung: Schreiben Sie Ihre Fragen für Ihre Arztbesuche am besten immer sofort auf, um nichts zu vergessen.
- Checklisten für den Arztbesuch finden Sie auf
https://www.patienten-universitaet.de/node/121
❹ Mit dem Arzt auf Augenhöhe sprechen
Ein gutes Gespräch ist der Schlüssel zu einer gelungenen Interaktion zwischen Arzt und Patient und damit entscheidend für den Behandlungserfolg.
Um eine Diagnose stellen zu können, muss der Arzt vom Patienten möglichst viel über die Symptome erfahren und darüber, wie die Krankheit von Ihnen wahrgenommen wird. Aber auch Ihnen muss klar sein, warum bestimmte Verhaltensweisen unabdingbar sind, beispielsweise eine gewissenhafte Medikamenteneinnahme. Damit eine Therapie nicht nur begonnen, sondern auch fortgeführt wird, braucht es ein wechselseitiges Verständnis zwischen Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin und Ihnen. Forschungen zeigen, dass sonst viele Patienten aus diesem Prozess aussteigen und ihre Therapie abbrechen.
Fragen Sie deshalb unbedingt nach, wenn Sie etwas nicht verstanden haben oder genauer wissen wollen. Spätere Klärungen sind oft viel aufwändiger, außerdem gehen Sie vielleicht unbefriedigt aus dem Gespräch heraus. Fassen Sie am besten mit eigenen Worten zusammen, was Sie verstanden haben: „Habe ich das richtig verstanden, dass…?“ So können Sie Missverständnisse vermeiden.
In die Entscheidung für oder gegen eine Therapie sollte der Arzt, die Ärztin Sie unbedingt einbinden. Hier müssen auch immer Ihre Persönlichkeit, Ihre Lebensumstände und Ihre ganz persönlichen Wünsche berücksichtigt werden. Alle Ihre Bedenken zu Risiken und Nebenwirkungen sollten ernst genommen und mit Ihnen erörtert werden. Trauen Sie sich also, Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin Ihre ganz persönlichen Beweggründe, Wünsche und Ängste zu erläutern, damit diese in der gemeinsamen Therapieplanung berücksichtigt werden.
- Patienten-Webinar: Keine Entscheidung über mich ohne mich
https://www.youtube.com/watch?v=xIX7iuWjF7M - Tipps und Quellen für Informationen zur Vorbereitung auf ein gutes Arztgespräch gibt Ihnen auch der Patientenwegweiser auf der Seite Gesundheitskommunikation von Prof. Sylvia Sänger:
https://www.sylvia-saenger.de/patientenwegweiser/
❺ Begriffe und Befunde verstehen
Die meisten Ärzte nehmen sich Zeit für die Gespräche und trotzdem können die Begriffe und Erklärungen, die für Mediziner selbstverständlich und Alltag sind, Sie schnell überfordern.
Der Befund z. B. einer Knochenmarkspunktion ist oft so umfangreich, dass er im Detail beim Arztgespräch gar nicht durchgegangen werden kann.
Tipps:
- Das Lexikon auf der Seite des mpn-netzwerk e.V. erklärt Ihnen die wichtigsten Fachbegriffe zu MPN
- Medizinstudenten oder ehrenamtlich tätige Ärzte übersetzen Befunde kostenlos in eine für Patienten leicht verständliche Sprache
https://washabich.de/ - Der Befunddolmetscher von derselben Initiative übersetzt unverständliche Begriffe aus medizinischen Befunden in Alltagssprache. Das Angebot ist kosten- und werbefrei.
https://washabich.de/befunddolmetscher
❻ Eigene Unterlagen in einer Mappe sammeln
Es gibt Ihnen ein Stück Kontrolle zurück und kann insbesondere bei einem Arztwechsel oder für eine Zweitmeinung sehr hilfreich sein, wenn Sie sich bei Ihren Arztbesuchen die Blutwerte oder andere Unterlagen mitgeben lassen und diese sammeln.
❼ Sich von einem Experten beraten lassen
Es lohnt sich, bei einem MPN-Experten eine Zweitmeinung einzuholen. Sie haben das Recht auf eine Zweitmeinung, ihre Hämatologin/ihr Hämatologe sollte diesem Wunsch aufgeschlossen gegenüberstehen.
Auf der Seite https://www.cto-im3.de/gsgmpn/ finden Sie Zentren, die an das GSG-MPN-Studienregister angeschlossen sind. Für eine Zweitmeinung empfehlen wir eine Uniklinik.
❽ Erfahrungen austauschen mit Menschen, denen es ähnlich geht
Lernen Sie von anderen Betroffenen.
Tauschen Sie sich in Selbsthilfegruppen mit ihnen aus. Dazu bietet unser Netzwerk neben einem geschützte Onlineforum, Regionalgruppen in denen Sie sich persönlich austauschen können.
Hier auf unserer Webseite berichten andere Betroffenen über den Umgang und die Bewältigung ihrer Krankheit.
Vernetzen Sie sich! Sie sind mit der Krankheit nicht allein. Nicht immer gelingt es im direkten Familienumfeld oder im Freundeskreis genügend Verständnis zu finden. Dafür sind die Selbsthilfegruppen da. Wir wissen, wovon Sie sprechen, wir sind selbst Betroffene.
„Nur gemeinsam sind wir stark!“
❾ Unterstützung annehmen
Nicht immer ist es einfach, mit einer chronischen Erkrankung, die zudem noch so schwer zu erklären ist, bei Angehörigen und Freunden ein offenes Ohr zu finden. In solchen Situationen ist es hilfreich, sich Unterstützung zu holen. Wenn es Ihnen gelingt, Angehörige und/oder Freunde einzubinden, können Sie viel gewinnen:
Begleitung bei Arztgesprächen, praktische Hilfe z.B. bei der Kinderbetreuung, seelischen Beistand.
Aus Studien weiß man, dass ein mitwirkendes Umfeld sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken kann.
❿ Selbst aktiv werden
Viele Betroffene können nur schwer mit der Situation umgehen, dass sie selbst nichts tun können. Aber das stimmt nicht.
Zwar ist eine Heilung bisher nur durch eine Stammzelltransplantation möglich, aber Sie können durchaus selbst etwas tun, um Ihre Lebensqualität zu verbessern. Dazu haben wir Ihnen viele Tipps zusammengestellt.