Primäre Myelofibrose (PMF)

Anna, *1968, ET seit 2000, PMF seit 2008

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Wie ging’s los?

1994 hatte ich plötzlich riesige blaue Flecken an den Beinen, ohne mich gestoßen zu haben. Die Blutwerte wären aber okay, meinte der damalige Arzt – ich habe mir leider keinen Ausdruck mitgeben lassen. Und irgendwann hörte der Spuk auch wieder auf. 1999 bekam ich sehr starke gynäkologische Blutungen – die Frauenärztin fand nichts, nahm mich auch nicht wirklich ernst und ich arrangierte mich insofern, dass die Blutungen so nach und nach wieder ein Ausmaß annahmen, das es mir erlaubte, auch wieder aus dem Haus zu gehen.

Erhöhte Thrombozyten vor gynäkologischer OP

Im Jahr 2000 wurden dann Polypen in der Gebärmutter diagnostiziert und als Ursache der starken Blutung benannt. Eine OP mit Ausschabung sollte dies beheben. Bei der Narkosevoruntersuchung wurden deutlich erhöhte Thrombozyten entdeckt. Sie lagen bei 1,1 bzw. 1,2 Millionen und das Diagnosekarussell begann sich zu drehen: Besuch beim Hämatologen, Blutabnahmen ohne Ende, wie es mir damals erschien, und eine KMP. Außerdem noch Vorstellung in der Klinik wegen zusätzlich erkannter Gerinnungsstörung unklarer Genese. Das Ergebnis war: Myeloproliferatives Syndrom/Essentielle Thrombozythämie, plasmatische Gerinnungsstörung, vergrößerte Milz, leichte geringgradige Myelofibrose.

Diagnose schwer zu verarbeiten

Diese Diagnose war für mich anfangs sehr schwer zu verarbeiten. Damalige Internetrecherchen kamen mit Horrorzahlen von Überlebenszeiten von 5 – 10 Jahren – das Netzwerk gab es noch nicht. Zum Glück aber hatte ich einen sehr guten Hämatologen, der sich viel Zeit zum Diagnosegespräch nahm, sehr menschlich war und mich mit meinen Fragen immer ernst nahm.

Engmaschige Kontrollen

Wir vereinbarten zuerst sehr engmaschige Kontrollen und einen Einstieg mit Medikamenten erst dann, wenn die Thrombozyten weiter steigen oder Symptome kommen. Ich arbeitete mich so nach und nach auf 3-monatige Kontrolltermine hoch. Schon damals lag mir die „leichte, geringgradige Myelofibrose“ im Magen, aber nach den damaligen Diagnosekriterien (und auch noch 2004) war man der Meinung, dass es eine ET ist. Der weitere Verlauf wurde dadurch bestimmt, dass die Thrombozyten langsam sanken, der LDH kontinuierlich stieg, der Harnsäurewert oft über dem Grenzwert lag und auch meine Milz langsam wuchs. Ich fand mich immer weniger bei der ET wieder.

2008: Neue Diagnose PMF

Bei einer erneuten KMP im Jahr 2008 kam dann (wie von mit befürchtet) die Diagnose PMF: Ergebnis war nun Primäre Myelofibrose mit mäßiger Myelofibrose und geringer Osteosklerose (MF2= Markraumfibrosegrad 2). Außerdem wurde festgestellt, dass ich JAK2-positiv bin.
Ich nahm inzwischen ASS, da ich vermehrt unter Sehstörungen litt. Von Anfang an (Jahr 2000) begleitete mich eine bleierne Müdigkeit, die mir meinen Alltag deutlich erschwerte. Nachtschweiß, Knochenschmerzen und Juckreiz treten phasenweise auf.

Einstieg mit Interferon

Im Jahr 2016 beschlossen mein Hämatologe und ich einen medikamentösen Einstieg. Eine erneute Knochenmarkpunktion hatte eine deutliche Zunahme der Verfaserung des Knochenmarks und der Osteosklerose (MF3) ergeben. Seither spritze ich wöchentlich Interferon.
Auf mein Allgemeinbefinden hatte es leider kaum Einfluss, aber die weitere Verfaserung des Knochenmarks wurde gestoppt (KMP 2018), die Blutwerte sanken und ich vertrage das Interferon gut.
Unter Interferon habe ich sehr gute Blutwerte, LDH ist nach und nach gesunken, die Milz hat sich ein kleines bisschen verkleinert.
Trotzdem ereilte mich 2019 eine TIA. Seither nehme ich wieder täglich ASS 100 und achte noch mehr auf die Signale meines Körpers.

Wie geht’s mir damit?

Ich habe das Glück, einen sehr moderaten Krankheitsverlauf zu haben. Trotz allem hat mich die andauernde Müdigkeit, Erschöpfung und dadurch geringere Leistungsfähigkeit nach 17 Jahren Krankheit so zermürbt, dass ich inzwischen mit einer Teilerwerbsminderungsrente nur noch Teilzeit arbeite. Das gibt mir Lebensqualität zurück. Meine allgemeine Leistungsfähigkeit ist allerdings eingeschränkt – in der Freizeit brauche ich viele Regenerationsphasen.
Ich habe gelernt, bewusster zu leben – vieles, was andere als selbstverständlich hinnehmen, sehe ich inzwischen anders.
Meine PMF ist weiterhin ganz stabil. Leider kam eine neue onkologische Erkrankung dazu.

Wertvoller Austausch im Netzwerk

Natürlich mache ich mir Gedanken, wie es weitergeht. Eine SZT wird ziemlich wahrscheinlich auch irgendwann auf mich zukommen. Positive Erfahrungsberichte von NetzwerkerInnen, die eine Transplantation hinter sich haben, geben mir da Mut. Als große Unterstützung erlebe ich den Austausch im Netzwerk. Die vielen fachlichen Infos helfen mir bei meinen Therapieentscheidungen.
Auch die jährlichen Treffen sind immer sehr intensiv und bereichernd. Hier stoße ich auf Menschen, die in der gleichen Situation stecken und meine Gedanken, Gefühle und Befindlichkeiten aus dem eigenen Erleben verstehen.

Stand: Juni 2023