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Bericht EHA 2024

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Hämatologenkongress (EHA 2024) vom 13.-16. Juni in Madrid      

Zwei Patientenvertreter des mpn-netzwerk e. V. nahmen online teil und berichteten ausführlich zu den verschiedenen Vorträgen mit MPN-Bezug im geschlossenen Forum. An dieser Stelle nur einige interessante Aussagen verschiedener Expertinnen und Experten:

Thromboserisiko bei PV
Daten zeigen, dass das Thromboserisiko weniger abhängig ist vom Alter als vielmehr von Hochrisikomutationen (1,5-fach), kardiovaskuläre Risiken (1,5-fach) und durch vorangegangene Thrombosen (2-fach). Auch das Ansteigen der Leukozyten über 11 Tsd erhöht das Risiko für thromboembolische Ereignisse deutlich.

CAR-T Zelltherapie gegen CALR mutierte Neoplasien
Mit CAR-T Zellen, also gentechnisch veränderten T-Zellen, können bis zu 70 % der mutierten Zellen abgetötet werden. Dazu laufen entsprechende Therapien in Studien.

Analyse molekularer Mechanismen und prädiktiver Biomarker einer Krankheitstransformation bei PV Im Rahmen der Studie REVEAL (NCT02252159) wurde festgestellt, dass Patienten mit einem Übergang in eine Myelofibrose mehr Mutationen aufwiesen als die Vergleichsgruppe. Dies betraf vor allen Dingen Mutationen in ASXL1, DNMT3A und TP53.

Langzeitdaten der Phase 2 REVIVE Studie (Hepcidinmimetikum Rusfertide in PV)
Daten aus bis zu 3 Jahren zu Hämatokritkontrolle und Phlebotomiefrequenz sind erfolgsversprechend:
HK unter 43 %, nur noch 0,64-0,43 Aderlässe pro Jahr, Erythrozyten 4,8 (Millionen/µl), Ferritin normal, keine Eisenüberladung, Leukozyten stabil, Thrombozyten steigen anfangs, normalisieren sich aber wieder nach drei Jahren, außer einer Reaktion an der Injektionsstelle kaum Nebenwirkungen.

Molekulare JAK2V617F Antwort bei früher PV, die mit einem ereignisfreien Überleben korreliert
Daten aus der Proud-PV Studie (1 Jahr Dauer) und der Continuation-PV Studie (5 Jahre) zeigen den Unterschied der Behandlung mit HU und Interferon über insgesamt 6 Jahre. 70 % der Patienten unter Interferontherapie haben ein besseres und länger andauerndes molekulares Ansprechen und damit ein besseres ereignisfreies Überleben. Unter Interferon fiel die Allellast bei 20 % der Patienten unter 1 %, unter Behandlung mit HU waren es nur 2 % der Patienten.

Von der Biologie bis zur Praxis – Mechanismen
Es kommen neue Medikamente mit neuen Ansätzen in die Erprobungsphase, die Hoffnung machen, dass diese wegen der anderen Andockstellen wirksamer als die bisherigen sind bzw. denen helfen, bei denen klassische Inhibitoren nicht mehr wirken.

Prof. Skoda erläuterte auch die verschiedenen Mutationen und warum womöglich bei JAK2-Mutationen verschiedene Erkrankungsbilder entstehen und berichtete zu den Wirkmechanismen von Interferon bei einer JAK2 Mutation.

Neue biologische Aspekte und Behandlungsoptionen bei PV
Die vier wichtigsten Aspekte bei der Behandlungsstrategie: 1. Das kardiovaskuläre Risiko (Bluthochdruck), 2. niedrigdosiertes ASS, 3. HK unter 45 % (bei 45-48 % besteht ein vierfach erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse), 4. Leukozyten < 11 Tausend/μl
Bei einer PV ist das Thromboserisiko 3-5-fach gegenüber der Normalbevölkerung erhöht, selbst bei niedrigem Risiko noch zweifach. Daher ist auch bei einer Niedrigrisiko PV eine Zytoreduktion sinnvoll, z.B. bei schlechter Aderlassverträglichkeit.
Die Therapie ist in der Erstlinie HU und Interferon, in der Zweitlinie Ruxolitinib und Interferon oder HU und in der Drittlinie Ruxolitinib, Interferon und theoretisch Busulfan.

Neue Ansätze und Klinische Fortschritte in der Myelofibrose  
Es wurden vorläufige Ergebnisse zu vielen Studien vorgestellt, sowohl Kombinationsstudien meist mit Ruxolitinib, aber auch Monotherapien gegen Zytokine und die Entzündung, die bei der Myelofibrose besonders aktiv sind.

Weitere Medikamente und Wirkstoffe werden derzeit untersucht, die das Mikroumfeld des Knochenmarks wie Zytokine, Fibrose, epigenetische Dysregulation (abnormes Wachstum) und Zellzyklusansprechen wollen, u.a. Pelabresib, Imetelstat, Selinexor, Bomedemstat, Navitoclax, Navtemadlin, AVID200 oder Luspatercept.

Multidisziplinärer Ansatz zur MPN
Eine korrekte Diagnosestellung durch einen Pathologen ist wichtig als Voraussetzung für die Wahl der sinnvollsten Behandlung. Die Molekularbiologie ermöglicht über eine Gesamtschau aus Treibermutation, Karyotyp, Allellast und Zusatzmutationen eine echte Aussage zur Progression.

Junge Patienten, aktuelle Daten und nächste Schritte
Marta Sobas aus Polen befasst sich explizit mit sehr jungen Patienten <25 Jahre und vertritt den Standpunkt, dass diese gänzlich anders behandelt werden müssen. Sie hat das Ziel, gängige Diagnosekriterien wie z.B. Grenzwerte für den Hämatokrit für Kinder abzuwandeln, damit ihnen auch eine sichere Diagnostik ermöglicht wird. Dafür erwägt sie die Entwicklung eines Perzentilsystems, wie es zum Beispiel beim Gewicht von Kindern verwendet wird. Ihr ist aufgefallen, dass Kinder mit MPN-Erkrankung häufig auch Familienmitglieder mit MPN haben.